Die Welt als Garten
Geoengineering oder nicht ist eine falsche Frage
Ich lese in der Diskussion um die Klimakrise oft, dass wir „das Klima nicht verändern“ sollen, unseren „CO2-Abdruck“ zurückfahren sollen, das Klima oder die Natur nicht schädigen sollen.
Und wenn das Thema einmal auf „Geoengineering“ kommt, sehe ich es oft als böse tituliert, als Hybris, als noch schlimmer als das, was gerade geschieht.
Meiner Meinung nach steht hinter all diesen Aussagen eine veraltete Sicht auf „die Natur“, „das Klima“ oder „die Erde“. Früher mögen die Menschen die Natur als übermächtig, gewalttätiig, unkontrollierbar angesehen haben, und sie lagen damit in etwa richtig. Und ich glaube, damit wurde die Natur auch als unzerstörbar angesehen: sie war so allgewaltig, dass nichts, was Menschen zu tun vermögen, sie ändern kann. Religiöse Vorstellungen verstärken diese Sicht noch: die von Gott geschaffene Natur, „in“ der die Menschheit lebt. Die Umgebung, die sie beeinflußt, die ihre Möglichkeiten einschränkt, die die Menschheit formt.
Diese Sicht auf „die Welt“ ist heute schlicht falsch.
Es gibt keine von Menschen unveränderte „Natur“ mehr.
Jeder Bereich dieses Planeten ist durch menschliche Einflüsse gekennzeichnet.
Und viele dieser Einflüsse haben direkten Einfluß auf das Klima.
Viele dieser Einflüsse sind damit „Geoengineering“, wenn auch ungeplantes.
Und wir können damit nicht aufhören, so lange wir weiter mehr so viele Menschen auf diesem kleinen Planeten bleiben.
Es gibt absolut keine Chance, das bleiben zu lassen.
Mithin ist die Frage nicht: Geoengineering oder nicht, sondern welches Geoengineering.
Wir haben die Natur auf diesem Planeten zu unserem Garten gemacht.
Solange wir in dieser Anzahl hier leben, müssen wir diesen Garten pflegen. Ihn sich selbst zu überlassen ist keine Option.
Wir müssen uns damit abfinden, dass wir die Gärtner dieser Welt sind.
Und als solche müssen wir auch unser weltumspannendes Geoengineering besser planen und durchführen als bisher, wenn unser Garten für uns bewohnbar bleiben soll.
Wir sind verantwortlich, und „uns raushalten“ können wir nicht, wir werden immer eine Auswirkung auf das Klima und das Ökosystem dieses Planeten haben.
Klimakontrolle und Kapitalismus
Eine große Gefahr, die ich dabei sehe, ist unser momentanes Wirtschafts-, und noch viel mehr Gesellschaftssystem.
Aus kapitalistischer Sicht sind die natürlichen Resourcen kostenlos, und es ist sogar attraktiv, natürliche Dienstleistungen wie CO2-Abbau und Sauerstoffproduktion in industrielle Prozesse zu überführen — nur so kann man damit Geld verdienen.
Für „die Menschheit“ finde ich das aber eine schlechte Lösung.
Wie also kann eine Klimakontrolle realisiert werden, die möglichst viel natürliche Resourcen und Dienstleistungen erhält, auch wenn das weniger lukrativ ist, als sie zu industrialisieren?
Klimakontrolle und Politik
Eine Klimakontrolle hat massive Auswirkungen auf die Land- und Seeflächen vieler irdischen Nationen. Damit wird jeder Versuch einer Klimakontrolle zu großen politischen Spannungen führen.
Es ist mir völlig unklar, wie hier eine Kooperation erreicht werden kann. Zumal etliche der möglichen klimaverändernden Maßnahmen von Einzelnationen durchgeführt werden können, siehe momentan die großflächigen Brandrodungen in Brasilien, oder die Ölsand-Förderung in den USA.
Wie kann sich ein Völkerrecht entwickeln, dass hier einen Eingriff der internationalen Gemeinschaft ermöglicht.
Wobei natürlich die Frage ist, ob bei so etwas eine „internationale Gemeinschaft“ exisitert…
Andererseits mag das alles schneller gehen, als ich glaube. Momentan scheint die Klimaveränderung schneller voranzuschreiten als in dem meisten Simulationen vermutet.
Mit den ersten klar erkennbaren Klimakatastrophen könne es sehr schnell eine Gemeinschaft geben, die bereit ist jeden zur Verantwortung zu ziehen, der die Situation verschlimmert.
Dies wird das wichtigste Thema der kommenden Jahrzehnte
Ich hätte nie gedacht, dass ich die Klimaveränderung noch so stark miterlebe.
Die bereits angelaufenen feed-forward-Prozesse sind unheimlich, und werden m.E. nach dafür sorgen, dass die Klimakatastrophe sehr bald das öffentliche Bewußtsein beherrscht.
Interessante Zeiten.